Parodontologie

Herz-Kreislauferkrankungen

Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems stehen in Deutschland an oberster Stelle der Todesursachen. Die Ursachen für arterielle Verschlusskrankheiten, wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, sind Veränderungen der Gefäßinnenwände durch Anlagerung von Lipiden und Einwanderung von Muskel- und Bindegewebszellen in die innere Schicht der Arterienwand.

Eine Vielzahl von Risikofaktoren sind bekannt geworden z. B. Rauchen, Diabetes mellitus, Alkoholmissbrauch und Übergewicht.

Einen weiteren Risikofaktor scheinen chronische Entzündungen bzw. chronische Infektionen darzustellen. In diesem Zusammenhang wird das Eindringen von Bakterien oder Bakterientoxinen in die Blutbahn diskutiert, was als Bakteriämie bezeichnet wird.

In einigen Untersuchungen an chirurgisch entfernten arteriosklerotisch veränderten Gefäßen konnten bestimmte Bakterien isoliert werden, die an nicht erkrankten Gefäßen nicht nachzuweisen sind. Hierzu gehören neben Erregern von akuten oder chronischen Atemwegserkrankungen und Bakterien, die bei der Entstehung von Magengeschwüren beteiligt sind, auch Bakterien, die normalerweise ausschließlich in entzündeten parodontalen Taschen vorkommen und für die Entstehung einer Parodontitis verantwortlich sind. Ob hierbei die in die Blutbahn eingedrungenen Bakterien die Ursache für die Veränderungen in den Arterien sind oder Veränderungen an der Arterieninnenwand dazu führen, dass sich die Bakterien dort anlagern, ist nicht geklärt. Sicher ist nur, dass Bakterien aus entzündeten und blutenden Zahnfleischtaschen in die Blutbahn geraten, wo sie nicht hingehören.

Ein weiteres Indiz dafür, dass eine Wechselbeziehung zwischen Koronaren Herzerkrankungen KHK und Parodontitis zu bestehen scheint, ist das Ergebnis von Verlaufsstudien. Die Studien haben ergeben, dass Patienten, die an einer Parodontitis litten, ein bis zu 1,7fach höheres Risiko für eine KHK hatten.

Allerdings steht ein endgültiger Beweis noch aus, ob eine Parodontitis einen direkten Einfluss auf die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat oder ob es sich nur um eine Wechselbeziehung über gemeinsame Risikofaktoren handelt. Wenn die Parodontitis einen solchen Einfluss besitzt, könnte durch eine regelmäßig durchgeführte professionelle Zahnreinigung PZR möglicherweise sogar das Herz-Kreislauf-Risiko verringert werden.

Viele wissenschaftliche Studien beschäftigen sich momentan mit den Zusammenhängen chronischer Entzündungen in der Mundhöhle und allgemeinen Erkrankungen. Auch im Rahmen molekularbiologischer Untersuchungen gibt es Forschungsprojekte an Universitäten, die diese Zusammenhänge zur Grundlage haben. Die Zukunft wird hier sicherlich genaueren Aufschluss geben können. Die großen medizinischen Fachgesellschaften, so die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie, die Deutsche Gesellschaft für Inneren Medizin und die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, tragen diesen wissenschaftlichen Ergebnissen Rechnung, in dem sie gemeinsame Fachtagungen abhalten und interdisziplinär zusammenarbeiten.