Parodontologie

Unterstützende Begleittherapien

Studien zeigen, dass das mechanische Entfernen (Debridement) der Plaque mittels Handinstrumenten in der antiinfektiösen Therapie nicht zur vollständigen Entfernung aller Bakterien führt. 10% bis 60% des Biofilms bleiben unerreicht. Da jedoch mindestens 10% subgingivalen Biofilms unerreicht bleiben, gilt die Suche nach noch effizienteren Therapieergänzungen oder Alternativen der mechanischen antiinfektiösen Therapie als noch nicht abgeschlossen.

Wir stellen Ihnen auf den folgenden Seiten einige dieser adjuvanten Therapien vor.


Elektromechanische Instrumente - Ultraschallgeräte

Für eine vollständige Entfernung von Plaque, Zahnstein und Konkrementen werden in den letzten Jahren zunehmend neben den Handinstrumenten mechanische Instrumente genutzt. Die Möglichkeit mit elektromechanischen Instrumenten therapeutisch vorzugehen, erfolgte schon früh mit der supragingivalen Zahnsteinentfernung durch Ultraschallinstrumente. Erst in den 80er-Jahren wurde durch die Entwicklung immer grazilerer Arbeitsspitzen der Einsatz in subgingivale Bereiche erreicht.

Mechanische oszillierende Scalersysteme lassen sich in Schall- und Ultraschallscaler unterteilen.

Druckluftbetriebene Schallscaler erzeugen elliptische Schwingungen von etwa 2.000 bis 7.000 Hertz. Die grazilen und speziell gebogenen Arbeitsenden erreichen eine Amplitude von bis zu 1.000 µm. Entsprechende Airscaler, wie z.B. SONICflex® (Fa. KaVo), sind leicht zu handhaben und lassen sich an jeder Dentaleinheit über die Turbinenkupplung anschließen.

Bei den Ultraschallscalern, deren Arbeitsenden bei Amplituden von bis zu 100 µm mit Frequenzen von 20.000 bis 45.000 Hz schwingen, werden piezoelektrische und magnetostriktive Ultraschallscaler unterschieden.

Magnetostriktive Ultraschallgeräte (z.B. Cavitron® Fa. Dentsply, De Trey Fa. Konstanz) erzeugen ihre Schwingungen über wechselnde Magnetfelder; die Schwingun¬gen liegen bei 20.000 bis 45.000 Hertz. Die von der Spitze ausgeführte Bewegung ist kreisförmig bis ellipsoid. In piezoelektrischen Ultraschallgeräten (z.B. Piezon Master 600, EMS Electro Medical Systems, München; P-Max-Newtron, Acteon Satelec-Pierre Rolland, Mettmann) wandelt ein keramischer Ultraschallerzeuger elektrische Energie in lineare Schwingungen um; die Arbeitsfrequenz liegt bei 25.000 bis 50.000 Hertz. Die Spitzen dieser Geräte arbeiten in nur einer Ebene senkrecht zur Arbeitspitzenlängsachse, ähnlich wie ein Meißel.

Neben der mechanischen Reinigung der Wurzeloberfläche, durch die schwingende Instrumentenspitze, gibt es bei den Ultraschallgeräten (25000 bis 45.000 Hertz) darüber hinaus noch den Kavitationseffekt. Hierbei entstehen durch die hochfrequenten Schwingungen kleinste implodierende Hohlräume, die ihrerseits energiereiche Wasserstrahlen freisetzen. Diese so genannten Microjets können die Bakterienwände zerstören.

Verschiedene in-vitro- und in-vivo-Studien über die Unterschiede in der Wirksamkeit von maschinellen Scalern im Vergleich zu Handinstrumenten, ergeben keine klinisch signifikanten Vorteile in Form von Taschenreduktion. Die Vergleichbarkeit der einzelnen Ergebnisse ist, durch unterschiedliche Designs der Scaleransatzspitzen und den Eigenschaften der Ultraschallgeneratoren eingeschränkt. Auch in Bezug auf Zusätze von Antiseptika in Kühl- und Spülmitteln scheinen keine Vorteile zur Handinstrumentierung vorzuliegen. Unterschiedliche Studiendesigns der Untersuchungen schränken mögliche Schlussfolgerungen deutlich ein.

Anders als bei konventionellen Ultraschallscalern schwingt bei dem Gerät Vector® (Dürr) die Arbeits¬spitze entlang ihrer Längsachse mit einer Amplitude von ca. 30 µm bei einer Frequenz von ca. 30.000 Hertz. Um einen ausreichenden Substanzabtrag zu gewährleisten, ist die Zugabe eines Abrasivmediums (Suspension von Hydroxylapatit- oder Siliziumcarbidkristallen) in die Spülflüssigkeit erforderlich.

In Studien zeigte sich, dass mit dem Vector®-System ein ähnlicher therapeutischer Nutzen bei der Konkremententfernung wie bei den herkömmlichen Methoden erzielt werden kann. Tendenziell konnte mit der Handkürette die größte Effektivität erzielt werden; statistisch lag allerdings kein Unterschied zwischen der Konkremententfernung mit dem Vector®-System unter Verwendung des Kürettenansatzes, dem herkömmlichen Ultraschallsystem und der Handkürette vor (p > 0,05).

So sind die Handinstrumente nach wie vor als Goldstandart in der mechanischen Entfernung des bakteriellen Biofilms zu betrachten.


Laser in der Parodontologie / Laserscaling

Die Dekontamination im Bereich der Zahnfleischtasche spielt eine zentrale Rolle bei der Behandlung plaqueinduzierter Parodontitiden. Aufgrund antimikrobieller Eigenschaften von Laserstrahlung wurden Techniken zur faseroptischen Desinfektion von Zahnfleischtaschen entwickelt.

Unter Praxisbedingungen ist mit der Mehrzahl der gängigen Lasertypen (z.B. Argon- Ionen-, Dioden-, Nd:YAG-, Ho:YAG, CO2-Laser) keine gezielte Entfernung von Zahnstein oder Konkrementen möglich. Derartige Anwendungsversuche würden zu umfangreichen Nekrosen im Wurzelzement und Dentin führen. Für Excimer- und modifizierte Alexandrit-Laser liegen nur experimentelle Erfahrungen aus in-vitro- Studien vor.

Die antimikrobielle Wirkung der Laserenergie beruht bei den meisten Lasertypen (z.B. Dioden-, Nd:YAG-, CO2-Laser) überwiegend auf thermischen Effekten. Daraus ergibt sich ein besonderes Risikopotential bei der faseroptischen Taschenlaserung, da die Laserstrahlung ohne optische Kontrolle an sehr unterschiedlich absorbierende Oberflächen (Zahnstein, Konkremente, Epithel, Desmodont, Wurzelzement, Knochen) abgegeben wird. Je nach Wahl der Laserparameter, der Morphologie und den optischen Eigenschaften der bestrahlten Oberfläche variiert somit die Gefahr von irreversiblen Nebenwirkungen bzw. der Effektivität der erreichbaren Desinfektion erheblich. Aus klinischen Studien ist bei mikrobiologischem Monitoring lediglich eine kurzzeitige Reduktion der Mikroflora nachgewiesen. Bei Vergleichsstudien konnten keine relevanten Unterschiede in Bezug auf klinische Parameter bei Integration der adjuvanten faseroptischen Taschenlaserung in eine systematische Parodontitis- Behandlung/Betreuung nachgewiesen werden.

Laserbasierte fluoreszenzdiagnostische Verfahren bieten die Möglichkeit, die Zahnoberfläche zu scannen, um im Sinne eines Qualitätsmanagements oder zur Steuerung des Scaling-Prozesses Zahnstein und Konkremente zu detektieren.

Ergebnisse mit Lasern, die im 3?m-Bereich strahlen(z.B. Er:YAG Laser), zeigen positivere Ergebnisse. Histologische Studien belegen, dass mit diesen Geräten eine weitgehend atraumatische Reinigung der Wurzeloberfläche möglich ist.

Den hohen Erwartungen der Patienten an eine Parodontalbehandlung unter Einbeziehung von Lasergeräten mit dem Wunsch nach einfacher und effektiverer Behandlungsalternative, stehen zur Zeit nur wenige wissenschaftlich gesicherte Indikationen gegenüber.

Es gibt eine entsprechende Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie DGP und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde DGZMK zum Einsatz des Lasers in der Parodontitis-Therapie.


Photodynamische Therapie

Die antimikrobielle photodynamische Therapie ist eine mögliche Alternative zur begleitenden antiseptischen oder antibiotischen Therapie bei geschlossener Parodontalbehandlung. Speziell die Nachteile von systemischen Antibiotika könnten mit der Alternative der mikrobiellen photodynamischen Therapie (PDT) vermieden werden.

Die PDT beruht auf der Bindung fotoaktivierbarer Substanzen bzw. von Photosensitizern an der bakteriellen Membran und deren Aktivierung mit Licht geeigneter Wellenlänge. Während dieses Vorgangs entstehen freie Radikale und Singulett-Sauerstoff, die eine toxische Wirkung auf die avisierten Targets, u. a. die Mikroorganismen, ausüben können. In verschiedenen In-vitro-Studien konnte gezeigt werden, dass die photodynamische Therapie eine spezielle toxische Wirkung auf BakterienzeIlen ausüben kann.

Es gibt zurzeit keine klinischen Studien mit entsprechend hohem Evidenzgrad, die signifikante Vorteile dieser photodynamischen Therapie gegenüber herkömmlichen Verfahren aufzeigen. So ist zurzeit davon auszugehen, dass die Anwendung dieser Therapie keine klinischen Vorteile erbringt.


Air Flow Geräte

Eine neue ergänzende Möglichkeit in der geschlossenen Parodontitistherapie liegt in der Nutzung von speziell entwickelten Luft-Pulver-Wasserstrahlgeräten unter Verwendung eines Glycinpulvers. Die Möglichkeit, mit Luftdruck beschleunigte feine Partikel zur Behandlung von Zahnoberflächen zu nutzen, wurde bereits vor über 60 Jahren beschrieben.

Idealerweise werden in der subgingivalen Therapie minimal abrasiv wirksame Instrumente eingesetzt, so dass ein Biofilmabtrag ohne Schädigung der Wurzelsubstanz erreicht werden kann. Ein kumulativer Wurzelschaden sollte vermieden werden. Für eine effiziente, therapeutisch einfach durchzuführende und patientenfreundliche Biofilmentfernung, wurde ein niedrigabrasives Strahlmittel aus Glycinkristallen zur Verwendung in herkömmlichen Luft-Pulver-Wasserstrahl-Geräten entwickelt. Im Vergleich zu den hier bisher üblicherweise verwendeten Strahlmitteln aus Natriumbikarbonat trägt der Luft-Glycinpulver-Wasserstrahl (LGW) kaum Wurzelsubstanz ab. Mikrobiologische Untersuchungen zur LGW-Technik konnten belegen, dass ein korrekter Einsatz der LGW in parodontalen Taschen bis zu 5 mm Sondierungstiefe die Anzahl koloniebildender Einheiten um ca. 99 % reduziert. Im direkten Vergleich zur Handinstrumentierung konnte für die LGW sogar eine signifikant höhere Keimreduktion festgestellt werden.

Ein klinische Studie aus dem Jahr 2009 zeigt darüber hinaus, dass die Anwendung dieser niedrigabrasiven Pulverstrahltechnik auch im Rahmen der mechanischen Entfernung des Biofilms (Antiinfektiöse Therapie, Debridement) zu tendenziell besseren Ergebnissen führt.

Eine Anwendung dieser speziellen Air Flow Technik ist daher im Rahmen der gesamten systematischen Parodontitis Therapie zu empfehlen.